TMT Newsletter | August 2024

Ausblick

GAin Medina veröffentlicht am 05.09.24 ihre Schlussanträge zur Auslegung von Art. 102 AEUV im Zusammenhang mit der Kompatibilität verschiedener Apps (C-233/23). GA Szpunar veröffentlicht am selben Tag seine Schlussanträge dazu, inwieweit und unter welchen Voraussetzungen sich drittstaatliche Rechteinhaber unter Berücksichtigung der RBÜ innerhalb der EU auf den urheberrechtlichen Schutz von Werken angewandter Kunst berufen können (C-227/23). Ebenfalls am 05.09.24 veröffentlicht GA de la Tour Schlussanträge in zwei Vorlageverfahren zur Auslegung der DSGVO: zum einen zu Voraussetzungen und Umfang des Auskunftsrechts aus Art. 15 DSGVO (C-203/22); zum anderen dazu, ab wann Aufsichtsbehörden bei "exzessiven Anfragen" eine Bearbeitungsgebühr verlangen oder eine Bearbeitung verweigern können, Art. 57 Abs. 4 DSGVO (C-416/23). Der EuGH entscheidet am 10.09.24 über das Rechtsmittel von Google/Alphabet im Google-Shopping-Verfahren (C-48/22 P). Der BGH entscheidet am 11.09.24 über die urheberrechtliche Zulässigkeit der Nutzung von Abbildungen einer Fototapete (I ZR 139/23 u.a.). GA Collins veröffentlicht am 12.09.24 seine Schlussanträge zum datenschutzrechtlichen Berichtigungsanspruch nach geschlechtsangleichenden Operationen (C-247/23). GAin Medina veröffentlicht am selben Tag ihre Schlussanträge dazu, wie der Unternehmensbegriff in Art. 83 Abs. 4-6 DSGVO, insbes. im Verhältnis zum wettbewerbsrechtlichen Unternehmensbegriff der Art. 101 f. AEUV, zu verstehen ist (C-383/23). Das EuG entscheidet am 18.09.24 über Googles Nichtigkeitsklage im AdSense-Verfahren (T-334/19). Der EuGH entscheidet am 19.09.24 über die Zulässigkeit enger und weiter Bestpreisklauseln als Nebenabrede (C-264/23) und über die Reichweite des koordinierten Bereichs i.R.d. e-Commerce-RL (C-88/23).

EUKOM – DSA-Verfahren zu TikTok Lite nach Zusage zur Einstellung des Dienstes abgeschlossen

"TikTok Lite Rewards" war ein Angebot in Spanien und Frankreich, bei dem Nutzer durch das Erfüllen bestimmter Aufgaben (Videos ansehen, Inhalte liken usw.) Punkte erhalten konnten. Der EUKOM fehlte eine vorherige sorgfältige Bewertung etwaiger Risken dieser App, wie etwa eine Suchtgefahr. TikToks Zusage, "TikTok Lite Rewards" und Ersatzdienste nicht mehr anzubieten, hat die EUKOM nun für bindend erklärt, sodass ein Verstoß hiergegen Geldbußen nach sich ziehen kann (EUKOM PM v. 05.08.24).

EUKOM – Sechs Mitgliedstaaten zur DSA-Umsetzung aufgefordert

Belgien, Spanien, Kroatien, Luxemburg, die Niederlande und Schweden hätten trotz Verstreichen des 17.02.24 u.a. noch keinen Digital Services Coordinator (DSC, Art. 49 ff. DSA) ernannt. DSCs sollen die im jeweiligen Mitgliedstaat ansässigen Online-Vermittler beaufsichtigen und für Bürger eine erste Anlaufstelle sein. In Deutschland ist bei der BNetzA ein DSC etabliert. Die Mitgliedstaaten haben zwei Monate Zeit, die Mängel zu beheben; anderenfalls kann die EUKOM ihnen begründete Stellungnahmen schicken (EUKOM PM v. 25.07.24).

BNetzA/DSC – Erste Streitbeilegungsstelle für Online-Plattformen zertifiziert

Nutzer können sich nun an die User Rights GmbH als außergerichtliche Streitbeilegungsstelle wenden. Anlass der Beschwerde können sowohl Inhalte- als auch Accountsperrungen (oder deren Unterlassung) sein. Die Online-Plattformen müssen mit der Streitbeilegungsstelle kooperieren und die Kosten tragen. Die Zertifizierung ist grds. auf fünf Jahre befristet (BNetzA/DSC PM v. 12.08.24).

BVerwG – Vereinsrecht auch auf Medienangebote anwendbar

Das BMI hatte die Herausgeberin des "COMPACT-Magazin für Souveränität" wegen verfassungsfeindlicher Aktivitäten des Magazins vereinsrechtlich verboten. Im Eilverfahren hiergegen stellte das BVerwG fest, dass zwar grds. auch Medienunternehmen vereinsrechtlich verboten werden können. Nach summarischer Prüfung setzt das BVerwG den Sofortvollzug des Verbots indes aufgrund von Zweifeln an der Verhältnismäßigkeit aus. Dies betrifft den Umfang zu beanstandender im Verhältnis zu von Art. 5 GG (noch) geschützter Beiträge und die Erforderlichkeit des Verbots angesichts milderer Maßnahmen (Presserecht, Veranstaltungsverbote etc.) (BVerwG PMBeschluss 6 VR 1.24).

BGH – Werbung mit durchschnittlichen Sternebewertungen muss nicht aufgeschlüsselt werden

Das Unterlassen der Aufschlüsselung wäre nur dann eine Irreführung durch Unterlassen, wenn dies eine "wesentliche Information" wäre, § 5a Abs. 1 UWG. Der BGH geht aber davon aus, dass die (im konkreten Fall) angesprochenen Durchschnittsverbraucher wissen, dass sich eine Durchschnittsbewertung aus unterschiedlich Bewertungen zusammensetzt. Demnach ist keine Aufschlüsselung nach Sterneklassen nötig, solange Zeitraum und Anzahl der Bewertungen sichtbar sind (BGH PMUrteil I ZR 143/23).

BGH – KI kann (noch) kein Erfinder sein

DABUS, eine künstliche Intelligenz, entwickelte einen Getränkebehälter. Die entsprechende Patentanmeldung enthielt bei der Erfinderbenennung den Hinweis auf DABUS und dass diese die Erfindung selbständig erzeugt habe. Wie schon das DPMA und das BPatG geht auch der BGH davon aus, dass "Erfinder" i.S.d. §§ 637 Abs. 1 PatG nur eine natürliche Person sein kann. In Abkehr vom Anmelderprinzip erlaubt das Erfinderprinzip nur eine natürliche Person als Erfinder, sei ihr Beitrag, wie etwa vorliegend, auch noch so gering (BGH Beschluss X ZB 5/22).

BGH – Aspekte der "Angemessenheit" bei urheberrechtlichen Gesamtverträgen

Für die Festsetzung der Angemessenheit eines solchen Vertrags können auch gekündigte Verträge Anhaltspunkte sein, sofern nicht der indiziell herangezogene Punkt aus diesem Vertrag (ein) Kündigungsanlass war. Eine Datenerhebung allein wirkt sich nicht auf die Vergütungshöhe aus. Angesichts technologischer Fortschritte ist eine Vertragsdauer von über sechs Jahren sehr wahrscheinlich unangemessen (BGH Urteil I ZR 27/23).

LG Köln – Keine Nachvergütung für Karl-May-Filme gegenüber ÖRR

Winnetou-, Edgar-Wallace- und weitere Filme desselben Regisseurs wurden im streitgegenständlichen Zeitraum insgesamt 392-mal im ÖRR ausgestrahlt. Für einen Nachvergütungsanspruch müsste der ÖRR hierdurch "Erträge und Vorteile" erzielt haben, § 32a UrhG. Da, anders als bei "Das Boot" (zuletzt BGH I ZR 9/18), lizensierte Fremdproduktionen vorliegen, scheide das dortige "Wiederholungsvergütungsmodell" aus. Zum alternativen "Lizenzkostenmodell" fehlte aber Vortrag, sodass die Klage unbegründet war (LG Köln Urteil 14 O 59/22).

LG Düsseldorf – Verkauf kopierter Kunstwerke keine Privatkopie

Zur Übung hatte ein Maler fremde Gemälde originalgetreu nachgemalt, Fotos hiervon auf Instagram hochgeladen und drei Gemälde letztlich verkauft. Zwar hatte er stets seine Signatur auf den Gemälden angebracht und sie als "Privatkopie" zu Übungszwecken verteidigt. Nichtsdestominder sah das LG eine Urheberrechtsverletzung an den Originalwerken, da der Kopist keine eigene schöpferische Leistung erbracht hat. Der Schadensersatz i.H.v. EUR 26.000 richtet sich nach den fiktiven Lizenzgebühren (LG Düsseldorf PM 12 O 156/24).

noyb – Beschwerden gegen X (Twitter) wegen Nutzung von Kundendaten zum KI-Training

In neun Ländern hat die NGO datenschutzrechtliche Beschwerden eingereicht. X hat in den Einstellungen zur Datennutzung vorausgewählt, dass es die öffentlichen Beiträge der Nutzer zum KI-Training benutzen darf. Die NGO bestreitet, dass diese Datenverarbeitung über ein berechtigtes Interesse (Art. 6 Abs. 1 lit. f) DSGVO) gerechtfertigt sei. Da die einmal genutzten Daten nicht mehr aus dem KI-Modell entfernt werden könnten, sei auch das Recht auf Vergessenwerden verletzt (noyb PM v. 12.08.24Beschwerde AT).