TMT Newsletter | Februar 2024
Ausblick
Am 22.02.24 veröffentlicht GA Szpunar seine Schlussanträge zu Vorlagefragen des AG Potsdams zur öffentlichen Wiedergabe von über eine Zimmerantenne empfangenen Sendungen in Apartmenthäusern (C-135/23). Ebenfalls am 22.02.24 veröffentlicht GA Pikamäe seine Schlussanträge zur Zulässigkeit des Verkaufs einer Datenbank mit personenbezogenen Daten (C-693/22). Am 23.02.24 tritt eine von der EUKOM veröffentlichte VO zur Durchführung der VLOP-Prüfung nach dem DSA in Kraft (s.u.). In einem Rechtsmittelverfahren gegen ein Urteil des EuG entscheidet der EuGH am 27.02.24 u.a. zum Verhältnis vom Unionsgeschmacksmusterrecht, der Pariser Verbandsübereinkunft und dem TRIPS-Abkommen (C-382/21 P). Der EuGH entscheidet am 29.02.24, ob die Webseite doctipharma.fr bei der Vermittlung rezeptfreier Arzneimittel zwischen Apotheken und Internetnutzern einen "Dienst der Informationsgesellschaft" betreibt (C-606/21). Der EuGH entscheidet am 05.03.24 u.a. zur urheberrechtlichen Schutzfähigkeit harmonisierter Normen des Unionsrechts (C-588/21 P ).
EuGH – Hinweise auf "eigene Sendung" auch bei Medienbruch in der AVMD-RL möglich
Nach Art. 23 Abs. 1, 2 lit. a) AVMD-RL darf auf Fernsehsendern höchstens 20 % der Sendezeit Werbung sein, wobei Hinweise auf eigene Sendungen nicht zur Werbezeit zählen. Diese Hinweise können auch Sendungen verbundener Rundfunksender sein, sofern sie audiovisuelle Elemente enthalten. Für die Bestimmung der "eigenen Sendung" ist dabei nicht (allein) auf wettbewerbsrechtlichen Kriterien abzustellen, sondern hauptsächlich auf die "redaktionelle Kontrolle" (EuGH PM, Urteil C-255/21).
EuGH – Einstweilige Verfügung gegen Benennung als Gatekeeper i.S.d. DMA abgelehnt
Die Unterhaltungsplattform TikTok hatte neben der Klage gegen die Designierung als Gatekeeper auch ein Eilverfahren hiergegen angestrengt. Der zuständige Präsident des EuG sah bis zur Entscheidung in der Hauptsache jedoch keinen drohenden, schweren Schaden für TikTok aus den so geltenden Gatekeeper-Pflichten, insbes. Art. 5, 6, 15 DMA. Die Gefahr der Verbreitung vertraulicher Informationen und eine Eilbedürftigkeit sei nicht hinreichend dargetan (EuGH PM, T-1077/23 R).
EuGH-GA – Versagung der Vollstreckbarkeit bei offensichtlicher Verletzung der Pressefreiheit
Zeitungsartikel stellten eine Verbindung zwischen Real Madrid und einer als Dopingarzt bekannten Person her. Nach GA Szpunar verstoße eine Vollstreckung gegen die ordre public, wenn zu befürchten steht, dass die Vollstreckung die Pressefreiheit beeinträchtigt. Indiz hierfür kann eine außerordentlich hohe Strafzahlung (hier: 330.000 EUR gegen das Presseunternehmen, 33.000 EUR gesamtschuldnerisch gegen das Presseunternehmen und Journalisten) sein (EuGH-GA PM, Anträge C-633/22).
EUKOM – DSA-Verfahren gegen TikTok eröffnet
Gleich mehrere Bereiche will die EUKOM mit dem nun eröffneten Verfahren untersuchen. Insbesondere überprüft sie den Minderjährigenschutz auf der Videoplattform. So sollen auch Algorithmen und die aus ihnen potentiell folgenden Verhaltenssüchte untersucht werden. Weiter schaut die EUKOM, ob TikTok ein Anzeigenverzeichnis eingerichtet und Transparenzvorkehrungen getroffen hat (EUKOM PM v. 19.02.24).
BGH – Öffentliche Wiedergabe in Seniorenwohnheimen?
Drei Begriffe der "öffentlichen Wiedergabe" fragt der BGH beim EuGH anhand der Weitersendung von Rundfunkprogrammen in einem Seniorenwohnheim nach: Liegt eine "Öffentlichkeit" auch bei einer begrenzten und auf dauernden Verbleib angelegten Bewohnerschaft vor? Ist das Kriterium des "technisch neuen Verfahrens" nur noch für Fälle der Übertragung in das offene Internet relevant? Liegt ein "neues Publikum" noch vor, wenn Heimbewohner Sendungen sonst auch allein empfangen können? (BGH PM, Beschluss v. 08.02.24).
OLG Düsseldorf – Anforderungen an Bestellbutton bei Social-Media-Plattformen
Zur kostenpflichtigen Buchung des werbefreien Modells mussten Nutzer nur einen Button mit "Abonnieren" oder "Weiter zur Zahlung". Das OLG hielt beides nicht für eine eindeutige Formulierung i.S.d. § 312j Abs. 3 BGB. Es gäbe auch kostenfreie Abonnements; "Weiter zur Zahlung" weise nicht erkennbar genug darauf hin, dass bereits das Drücken dieses Buttons den Vertrag abschließe (OLG Düsseldorf PM v. 08.02.24).
OLG Düsseldorf – Kauf von Fototapeten umfasst Nutzungsrecht zum Hochladen von Fotos
Anders als das LG Köln 2023 sah das OLG Düsseldorf im Hochladen von Zimmerbildern, die Fototapeten an der Wand zeigen, keine Urheberrechtsverletzung. Der Käufer erwerbe mit der Fototapete auch das Nutzungsrecht, diese zu fotografieren und das Bild im Internet hochzuladen. Die gegenteilige Ansicht würde Fototapeten nahezu nutzlos und somit unverkäuflich machen. Ob ein "unwesentliches Beiwerk" im Sinne des BGH-Möbelkatalog-Urteils vorlag, konnte das OLG offenlassen (OLG Düsseldorf Urteil v. 08.02.24).
LG München – Anforderungen an Verhandlungen nach Treu und Glauben nach UrhDaG
Unternimmt ein Diensteanbieter für das Teilen von Online-Inhalten bestmögliche Anstrengungen, um Lizenzen für Werke zu erwerben, welche Nutzer auf seiner Plattform teilen, haftet er hierfür nicht, § 1 Abs. 2 UrhDaG. Der Videodiensteanbieter TikTok habe aber in einer Gesamtschau der Umstände nur scheinbar ernsthaft um Lizenzen verhandelt. Auf eine Enthaftung durch Blockierung komme es nicht mehr an, da diese kumulative zu den Lizenzbemühungen vorliegen müssten (LG München PM, Urteil v. 09.02.24).