TMT Newsletter | März 2024

Ausblick Der EuGH entscheidet am 11.04.24 einmal mehr zum (immateriellen) Schadensersatzes bei Datenschutzverstößen (C-741/21) sowie zur öffentlichen Wiedergabe (lizenzierter) Kabelweitersendungen durch die Bereitstellung von Fernsehgeräten in Hotelzimmern und Fitnessräumen (C-723/22). GA Pikmäe verkündet ebenfalls am 11.04.24 seine Schlussanträge zur generellen Einschreitenspflicht der Datenschutzbehörden (C-768/21). GA Szpunar verkündet am 25.04.24 seine Schlussanträge u.a. zur Frage, ob Wettbewerber datenschutzrechtlicher Verstöße ihrer Konkurrenten als unlautere Geschäftspraktiken verfolgen können (C-21/23) sowie, auf BGH-Vorlage, zum Eingriff in ein Computerprogramm beim Einspielen von Cheat-Software (C-159/23). GA Rantos verkündet am 25.04.24 seine Schlussanträge zur Rechtmäßigkeit der Datenverarbeitung in sozialen Medien (C-446/21). GA Emiliou verkündet an diesem Tag seine Schlussanträge zum Begriff des Durchschnittsverbrauchers bei unlauteren Geschäftspraktiken (C-646/22).

EuGH – Löschungsanordnung ohne Antrag des Betroffenen möglich Anderenfalls drohe die Fortsetzung der unrechtmäßigen, der Datenschutzbehörde aber bekannten Datenverarbeitung. Der Auftrag von Datenschutzbehörden sieht vor, die Datenverarbeitung in Einklang mit der DSGVO zu bringen. Hierzu dürfen sie auch von Amts wegen tätig werden (EuGH PM, Urteil C-46/23).

EuGH – Ausschluss unabhängiger Verwertungseinrichtungen durch nationales Recht EU-rechtswidrig Zwar erwähnt die VG-RL (2014/26/EU) diese Art von Einrichtungen nur als eine Möglichkeit der kollektiven Rechtewahrnehmung, verlangt diesbezüglich jedoch keine Harmonisierung. Das kategorische Verbot derartiger Einrichtungen ist aber ein ungerechtfertigter und unverhältnismäßiger Eingriff in die Dienstleistungsfreiheit, Art. 56 AEUV (EuGH PM, Urteil C-10/22).

EuGH – Online-Apotheke für rezeptfreie Arzneimittel "Verkäufer" nach Kundenwahrnehmung Halten Kunden den Online-Dienst für den Verkäufer, können Mitgliedstaaten den Handel mit rezeptfreien Arzneimitteln untersagen. Ist hingegen für Kunden ersichtlich, dass der Online-Dienst nur eine Vermittlerrolle zwischen Apotheken und Kunden einnimmt, kann ein Verbot des Online-Dienstes nicht auf die fehlende Apothekereigenschaft gestützt werden (EuGH PM, Urteil C-606/21).

EuGH – "Real Time Bidding"-Präferenzen personenbezogene Daten Für die Versteigerung personenbezogener Daten für Werbezwecke werden Cookies ("TC-String") verwendet, welche die Nutzerpräferenzen bzgl. des Real Time Biddings speichern. Kombiniert mit der IP-Adresse des Nutzergeräts lässt sich der Nutzer identifizieren, sodass bereits der TC-String ein personenbezogenes Datum ist. Der Interessenverband IAB Europe, der die TC-Strings unterhält, kann für diese Datenverarbeitung (gemeinsamer) Verantwortlicher sein, wenn er Zweck und Mittel hiervon (mit-)bestimmt (EuGH PM, Urteil C-604/22).

EuGH – Harmonisierte technische Normen (HTN) nicht urheberrechtlich geschützt HTN dienen zur Konkretisierung von Standards, können so eine Vermutung der Produktkonformität erzeugen können und müssen deshalb frei zugänglich bleiben. Der EuGH hebt damit Entscheidungen von Kommission und EuG auf (EuGH PM, Urteil C-588/21 P).

EuGH – Gesamtschuldnerische Haftung von Europol und Mitgliedstaat bei Datenverstoß Der Betroffene muss deshalb nur nachweisen, dass ihm durch die unrechtmäßige Datenverarbeitung infolge der Zusammenarbeit eines Mitgliedstaats mit Europol ein Schaden entstanden ist. Für Art. 50 VO 2016/794 ist es zunächst unerheblich, ob Europol oder der Mitgliedstaat verantwortlich waren. Erst auf einer zweiten Stufe ist dann u.U. zu klären, wie sich die Haftung verteilt (EuGH PM, Urteil C-755/21 P).

EuGH-GA – Fernseher mit Zimmerantenne in Apartmenthäusern öffentliche Wiedergabe Wertungsmäßig sei diese Konstellation mit dem Bereitstellen von Fernsehgeräten in Hotelzimmern, an die das Programmsignal weitergeleitet wird, vergleichbar. Der Betreiber der Apartmentanlage nehme deshalb nach GA Szpunar eine Wiedergabehandlung vor und könne sich nicht auf Erwgr. 27 Info-Soc-RL, berufen. Die Bewohner der Apartments sind allerdings jedenfalls dann kein "neues Publikum", wenn sie dort ihren Erst- oder Zweitwohnsitz haben (Anträge C-135/23).

EuGH-GA – Verkauf von Datenbanken in der Zwangsvollstreckung möglich Nach GA Pikamäe ist dies zulässig, solange die Veräußerung und die damit verbundenen Datenverarbeitungen für die Anspruchsdurchsetzung notwendig und verhältnismäßig ist. Ausnahmsweise sei auch keine Einwilligung der Betroffenen nötig; die Verarbeitung sei vielmehr, sofern sie für die Zwangsvollstreckung "erforderlich" ist, als Ausübung öffentlicher Gewalt gerechtfertigt, Art. 6 Abs. 1 lit. e) DSGVO (PM, Anträge C-693/22).

EUKOM – Gatekeeper-Pflichten in Kraft getreten und erste Untersuchungen Seit dem 07.03.24 müssen die sechs benannten Gatekeeper (Apple, Alphabet, Meta, Amazon, Microsoft, ByteDance) den DMA beachten; der Gatekeeper-Status für drei weitere Dienste (Booking, ByteDance, X) wird bis zum 13.05.24 geprüft (EUKOM PM v. 07.03.24). In ihren ersten Verfahren untersucht die EUKOM mögliche DMA-Verstöße von Google, Apples und Meta (EUKOM PM v. 25.03.24).

EUKOM – App Store-Bindung zum Abo-Abschluss kartellrechtswidrig Die beanstandeten Geschäftsbedingungen von Apple untersagten Anbietern von Musikstreaming-Apps, Nutzer auf (ggf. günstigere) Abonnements außerhalb des App Stores hinzuweisen. Dieser Verstoß gegen Art. 102 lit. (a) AEUV habe fast zehn Jahre angedauert, weshalb die EUKOM ein Bußgeld i.H. EUR 1,8 Mrd. verhängt hat (EUKOM PM v. 04.03.24).

EP – Medienfreiheitsgesetz zum Schutz von Journalisten angenommen Der European Media Freedom Act (EMFA) enthält das grundsätzliche Verbot der Installation Spähsoftware auf Mobilgeräten von Journalisten. Ferner erlegt er sehr großen Online-Plattformen u.a. neue Informations- und Begründungspflichten bei der Löschung von Inhalten bestimmter Medien auf (EP PM v. 13.03.24).

Europarat – Rahmenübereinkommen zur KI mit Überwachungsausnahmen fertiggestellt Neben den 46 Mitgliedern des Europarats haben sich u.a. Mexiko, Japan und die U.S.A beteiligt, sodass ein internationaler Rahmen zum Schutz der Menschenrechte beim Einsatz von KI entstehen soll. Der völkerrechtliche Vertrag sieht allgemeine Prinzipien wie Transparenz oder Datenschutz vor. Staatliche Akteure sind beim KI-Einsatz zum Schutz der nationalen Sicherheit befreit (Europarat PM v. 15.03.24, vorläufiger Text).

BT – Digitale Dienste Gesetz (DDG) mit BNetzA als zentraler Koordinierungsstelle verabschiedet Der BNetzA obliegt damit, in Abstimmung mit der EUKOM und anderen europäische Aufsichtsbehörden, die Durchsetzung des DSA in Deutschland. Nutzer können bei ihr Beschwerden zu Online-Plattformen einreichen. Daneben ermöglicht das DDG Bußgelder von bis zu 6 % des weltweiten Jahresumsatzes bei DAS-Verstößen (BT PM v. 21.03.24).

VG Köln – Telekom muss vorläufig Zugang zu Kabelkanälen gewähren Im Eilverfahren bestätigte das VG aufgrund einer Folgenabwägung die von der BNetzA ausgesprochene Verpflichtung, Wettbewerbern ab dem 01.01.24 Zugang zu den Kabelkanalanlagen, Masten und Trägersystemen zu gewähren. Eine Verzögerung des Glasfaserausbaus ließe sich nicht aufholen, während nun verlegte Kabel bei einem späteren Obsiegen der Telekom im Hauptverfahren – das offen sei und in dem das VG eine EuGH-Vorlage beabsichtige – auf Kosten der Wettbewerber entfernt werden könnten (VG Köln PM, Urteil v. 01.3.24).

OLG Frankfurt am Main – Keine Nachvergütung für Darstellungen auf Euroscheinen Ein Anspruch aus § 32a UrhG scheitere an der fehlenden Verbindung zwischen den künstlerischen Abbildungen Kontinentaleuropas auf den Scheinen und den Seigniorage-Einkünften der EZB. Diese Zinsen für verliehenes Geld und Gewinne aus erworbenen Vermögenswerten erhält die EZB unabhängig von dem Design der Geldscheine, i.e., nicht "aus der Nutzung des Werkes" (OLG Frankfurt am Main PM, Urteil v. 29.02.24).