TMT Newsletter | Oktober 2024

Ausblick

Der EuGH entscheidet am 17.10.24, ob das Einspielen einer Cheat-Software eine Umarbeitung des Computerprogramms darstellt (C-159/23). Am 23.10.24 entscheidet der BGH darüber, ob mittels Drohne angefertigte Bildaufnahmen unter die Panaromafreiheit fallen (I ZR 67/23). Der EuGH entscheidet am 24.10.24 zum Zusammenspiel von Unionsgrundrechten und RBÜ bei Ansprüchen von Rechteinhabern aus Drittstaaten (C-227/23). Am selben Tag veröffentlicht GA Szpunar seine Schlussanträge zur Auslegung der urhebervertragsrechtlichen Regelungen der DSM-RL (C-575/23).

EuGH – Datenschutzbehörden nicht bei jedem Verstoß zum Einschreiten verpflichtet

Die Aufsichtsbehörde hat Abhilfemaßnahmen zu ergreifen, wenn dies erforderlich ist, um dem Verstoß abzuhelfen und die umfassende Einhaltung der DSGVO zu gewährleisten. Hat der Verantwortliche bereits selbst Maßnahmen ergriffen, die den Verstoß beheben und für die Zukunft ausschließen, kann die Datenschutzbehörde im Rahmen ihres Ermessens auf Abhilfemaßnahmen verzichten (PM, Urteil C-768/21).

EuGH – Verfolgung von Datenschutzverstößen durch Mitbewerber möglich

Zwar enthält die DSGVO hierfür keine Öffnungsklausel; sie sieht aber auch keine abschließende Harmonisierung der Durchsetzung vor. Mitbewerber können DSGVO-Verstöße daher als unlautere Geschäftspraktiken verfolgen, insoweit sie einen Verstoß gegen nationales Lauterkeitsrecht darstellen (PM, Urteil C-21/23).

EuGH – Speichern personenbezogener Daten (nur) für Werbezwecke für begrenzte Zeit zulässig

Die Grenze bildet eine Dauer, die über das für die Verarbeitung Erforderliche hinausgeht, was von den nationalen Gerichten im Einzelfall zu ermitteln ist. Darüberhinausgehende Speicherungen verstoßen gegen den Grundsatz der Datenminimierung, Art. 5 Abs. 1 lit. c) DSGVO (PM, Urteil C-446/21).

EuGH – Schadenstheorie der Selbstbegünstigung präzisiert

Hierfür bedarf es des Nachweises des Missbrauchs einer marktbeherrschenden Stellung unter Würdigung aller relevanten Umstände des Einzelfalls. Es kann nicht generell davon ausgegangen werden, dass eine Selbstbegünstigung vom Leistungswettbewerb abweicht (PM, Urteil C-48/22 P).

EuGH – Steuervorbescheid zu Gunsten von Apple war rechtswidrig

Der EuGH hat den EUKOM-Beschluss aus 2016 gegen Irland bestätigt. Die EUKOM warf Irland vor, Apple von 1991 bis 2014 Steuervergünstigungen i.H.v. EUR 13 Mrd. gewährt zu haben, indem die durch Lizenzen des geistigen Eigentums erwirtschaftete Gewinne von der Steuerbemessungsgrundlage ausgeschlossen wurden. Der EuGH stufte diese Praxis aufgrund des selektiven Vorteils als rechtswidrige staatliche Beihilfe ein und verpflichtet Irland zur Eintreibung (PM, Urteil C-465/20 P).

EuGH – Bestpreisklauseln auf Hotelvermittlungsportal unionsrechtswidrig

Das gilt sowohl für enge (Preise auf Hotelwebseite) als auch für weite Bestpreisklauseln (Preise auf Drittseiten). Sie sind für die Hauptdienstleistung der Hotelvermittlung samt Vergleichsmöglichkeit weder objektiv notwendig noch angemessen und daher keine "Nebenabreden", sondern wettbewerbswidrig (PM, Urteil C-264/23).

EuG – Kommissionsbeschluss zu Google AdSense nichtig

Die EUKOM hat einen Verstoß der streitigen Klauseln (Ausschließlichkeits-, Platzierungs- und Vorabgenehmigungsklausel) im Zusammenhang mit der Vermittlung von Online-Suchmaschinenwerbung keinen Wettbewerbsverstoß dargelegt. Sie hat insbesondere einen falschen zeitlichen Maßstab angewendet (PM, Urteil T-334/19).

EuGH-GAin – Bebußung von Unternehmen bei Datenschutzverstößen

Bußgelder gegen "Unternehmen" dürfen einen bestimmten Anteil am weltweiten Jahresumsatz des vorangegangenen Geschäftsjahres nicht überschreiten, Art. 83 Abs. 4-6 DSGVO. Der relevante Jahresumsatz umfasst dabei nicht nur den der datenverarbeitenden wirtschaftlichen Einheit, sondern den des gesamten "Unternehmens" i.S.d. Art. 101 f. AEUV. GAin Medina betont aber, dass bei der Bebußung die besonderen Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen seien (Schlussanträge C-383/23).

EuGH-GAin – Zugangsansprüche gegen Plattformentwickler wettbewerbsrechtlich möglich

Hat ein marktbeherrschendes Unternehmen eine Plattform entwickelt, die gerade auf die Nutzung durch Dritte (hier: third-party-apps) abzielt, sind die Bronner-Kriterien zur Zugangsverweigerung nicht anwendbar. Ist davon unabhängig aber die Zugangsverweigerung für Drittanbieterapps geeignet, nachteilig für Verbraucher zu sein, liegt ein Marktmachtmissbrauch vor. Nach GAin Medina könne die Weigerung, etwa wenn der Drittanbieterzugang technisch unmöglich ist, gerechtfertigt sein (PM, Schlussanträge C-233/23).

BMWK – "Aktionsplan E-Commerce" gegen asiatische Shopping-Portale

Um die Verstöße von Anbietern wie Temu und SHEIN u.a. gegen die EU-Produktsicherheits-RL, den Verbraucherschutz sowie Gesundheitsstandards besser ahnden zu können, schlägt das BMWK stärkere Kontrollen u.a. durch den Zoll vor. Automatisierte Webcrawler sollen dabei helfen, illegale Angebote zu finden. Verbände sollen für die Durchsetzung der Marktüberwachungs-VO eine Klagebefugnis erhalten (PM BMWK v. 06.09.24)

BGH – Fotografien von Fototapeten und deren Uploads „übliche Nutzungshandlungen“

Rechteinhaber können nicht gegen Hotels und ähnliche Nutzer von Fototapeten vorgehen, die damit dekorierte Zimmer fotografieren. Sie seien sich beim Verkauf von Fototapeten bewusst, dass diese in Zimmern angebracht, (mit)fotografiert und die Fotos hiervon zur Werbung für das Zimmer hochgeladen werden. Einschränkungen, die auch gegenüber späteren Nutzern wirksam wären, könnten die Urheber beim ersten Verkauf festlegen (PM, Urteil I ZR 139/23).

LG Hamburg – KI-Trainings-Set aus Links zu Stockfotos zulässig

Der LAION e.V. hatte Bild-Text-Datensätze für das Training generativer Foto-KIs erstellt, indem er Links zu Bildern zusammengestellt, die Bilder heruntergeladen, analysiert und anschließend gelöscht hat. LAION kann sich insoweit auf die Schranke für Text-and-Datamining (TDM) zu Forschungszwecken berufen (§ 60d UrhG). Die allgemeine TDM-Schranke (§ 44b UrhG) wäre an einem (wohl) wirksam erklärten Opt-out in den Nutzungsbedingungen der Webseite eines Lizenznehmers des Rechteinhabers gescheitert (Urteil v. 27.09.24).

Belgien – Direktvergütungsanspruch gegenüber Streaming-Plattformen unionsrechtswidrig?

Belgien hat bestimmten Rechteinhabern in Umsetzung der DSM-RL einen nicht-übertragbaren, nicht-abdingbaren, verwertungsgesellschaftspflichtigen Direktvergütungsanspruch u.a. gegen Musik-Streaming-Services eingeführt. Der belgische Verfassungsgerichtshof möchte vom EuGH u.a. wissen, ob dies mit Art. 17, 18 DSM-RL, Art. 3, 5 Abs. 3 InfoSoc-RL, Art. 56 AEUV sowie Art. 16, 20, 21 GRCh vereinbar ist. Daneben legt der Verfassungsgerichtshof mehrere Fragen zur Auslegung des Leistungsschutzrechts für Presseverleger (Art. 15 DSM-RL) vor (Vorlage VerfGH-BE v. 26.09.24).