Institutsvergütungsverordnung 3.0
– Wesentliche Neuerungen –
Die im Herbst 2016 von der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) angestoßene Überarbeitung der Vergütungsregelungen für die deutschen Banken und Finanzdienstleister ist nahezu abgeschlossen. Am 19. Januar 2017 hat die BaFin den überarbeiteten Entwurf der neuen Institutsvergütungsverordnung (InstitutsVergV) veröffentlicht. Die Änderungen sollen voraussichtlich im Februar erlassen werden und am 1. März 2017 in Kraft treten.
Vergütungsarten – Fix und variabel
Die BaFin verschärft in der neuen InstitutsVergV zunächst die Einordnung einzelner Vergütungsbestandteilen als 'fix' oder 'variabel'. Diese Einordnung ist von Bedeutung, da für variable Vergütungsbestandteile in der Regel höhere aufsichtsrechtliche Anforderungen eingehalten werden müssen. Insbesondere unterliegen variable Vergütungen weiterhin dem Bonus-Cap, d.h. die variable Vergütung für einen Geschäftsleiter oder Mitarbeiter darf maximal 100% oder, bei Zustimmung der Anteilseigener, 200% der fixen Vergütung betragen.
Die neue Regelungssystematik lautet: Jede Vergütung, die nicht als fixe Vergütung eingeordnet werden kann, gilt zukünftig als variable Vergütung und unterliegt damit den strengeren Anforderungen. Damit eine Vergütung als fix eingeordnet werden kann, muss sie u.a. die folgenden Anforderungen erfüllen:
- Vorherige Festlegung
- Dauerhaft
- Transparenz für den Mitarbeiter
- Kein Ermessen des Arbeitgebers
- Nicht leistungsabhängig oder sonst vom Eintritt vereinbarter Bedingungen abhängig
- Keine Anreize für eine Risikoübernahme seitens des Mitarbeiters
- Institut hat keine Möglichkeit, die Vergütung einseitig zu verringern, auszusetzen oder aufzuheben
Auslands- und Funktionszulagen können unter bestimmten Voraussetzungen auch weiterhin als fixe Vergütungsbestandteile eingeordnet werden.
Abfindungen
Die BaFin führt zusätzliche, zum Teil deutlich strengere Regelungen für Abfindungen ein. Insbesondere müssen die internen Leitlinien Höchstbeträge und Kriterien für die Festlegung von Abfindungen vorsehen. Zudem gelten Abfindungen zukünftig als variable Vergütungen, womit sie grundsätzlich dem Bonus-Cap unterfallen. Zwar sieht die BaFin eine Reihe von Ausnahmen von der Anwendung des Bonus-Caps vor, z.B. für Abfindungen, auf die ein gesetzlicher Anspruch besteht, die aufgrund eines gerichtlichen Vergleichs zu zahlen sind oder die bei einvernehmlichen oder betriebsbedingten Vertragsbeendigungen im Einklang mit internen Leitlinien eines Instituts geleistet werden. Wenn das Institut eine höhere Abfindung zahlen will als in den eigenen internen Leitlinien vorgesehen, bedarf dies jedoch grundsätzlich einer schlüssigen Darlegung der Gründe und der Angemessenheit des Betrags gegenüber der Aufsichtsbehörde.
Halteprämien
Erstmals ausdrücklich geregelt werden Halteprämien, die zwar als in Ausnahmefällen zulässig anerkannt, aber unter restriktive Voraussetzungen gestellt werden. Insbesondere sind sie als variable Vergütung im Rahmen des Bonus-Caps zu berücksichtigen, was ihren Einsatz bei Mitarbeitern mit hohem variablem Vergütungsanteil de facto ausschließt bzw. jedenfalls sehr stark einschränkt.
Bedeutende Institute
Bedeutende Institute müssen weitergehende Anforderungen an ihre Vergütungssysteme erfüllen, insbesondere im Hinblick auf die Zurückbehaltung und Rückforderung variabler Vergütung sowie bei der Berücksichtigung des Gesamterfolgs des Instituts und der individuellen und auf die Organisationseinheit bezogenen Erfolgsbeiträge im Rahmen der Ermittlung der variablen Vergütung. Die Kriterien für bedeutende Institute werden durch die Reform der InstitutsVergV neu gefasst. So sind CRR-Kreditinstitute zukünftig nicht mehr bereits deswegen bedeutend im Sinne der InstitutsVergV, weil sie als gruppenangehöriges Unternehmen einer Bankengruppe unmittelbar von der Europäischen Zentralbank beaufsichtigt werden. Vielmehr werden diese Institute auch zukünftig in der Regel erst dann als bedeutend eingestuft, wenn ihre Bilanzsumme auf Einzelinstitutsebene im Durchschnitt die Schwelle von EUR 15 Milliarden überschreitet. Daneben kann die BaFin weiterhin aufgrund individueller Risikoanalyse einzelne Institute als bedeutend einstufen.
Identifizierung von Risikoträgern
Auch in Zukunft bleibt es dabei, dass lediglich bedeutende Institute verpflichtet sind, innerhalb ihres Unternehmens sogenannte 'Risikoträger' zu identifizieren und deren Vergütungen strengeren Regeln zu unterwerfen. Die zwischenzeitlich von der BaFin erwogene Ausdehnung der Pflicht zur Identifizierung von Risikoträgern auf alle, auch kleinere CRR-Institute ist wieder entfallen.
Allerdings können nicht bedeutende Institute dann betroffen sein, wenn sie einer Gruppe angehören, deren übergeordnetes Unternehmen ein bedeutendes Institut ist. In diesen Fällen besteht die Pflicht, sogenannte 'Gruppen-Risikoträger' zu identifizieren; und zu diesen können auch Geschäftsleiter und Mitarbeiter nicht bedeutender gruppenangehöriger Unternehmen zählen.
Zurückbehalt variabler Vergütungen (Deferral)
Die für bedeutende Institute bestehenden Anforderungen an den Zurückbehalt variabler Vergütungen werden weiter geschärft. Der Zeitraum, innerhalb dessen ein Teil der variablen Vergütung eines Risikoträgers mindestens zurückbehalten werden muss, wird bei Geschäftsleitern, nachgelagerter Führungskräften und weiteren Risikoträgern mit hohen variablen Vergütungen auf fünf Jahre heraufgesetzt. Im Übrigen verbleibt es bei einem Zurückbehaltungszeitraum von mindestens drei Jahren. Die Höhe des Zurückbehalts liegt grundsätzlich bei mindestens 40%, kann aber auch – je nach Stellung des Risikoträgers – bei mindestens 60% liegen.
Rückforderung bereits ausbezahlter variabler Vergütungen (Clawback)
Erstmals führt die BaFin auch Regelungen über die Rückforderung bereits ausbezahlter variabler Vergütungen ein. Im Falle schwerwiegender persönlicher Verfehlungen eines Geschäftsleiters oder sonstigen Risikoträgers ist das Institut zukünftig verpflichtet, bereits ausbezahlte variable Vergütungen sowie Ansprüche auf die Auszahlung variabler Vergütungen von dem betroffenen Risikoträger zurückzufordern. Soweit die aktuellen Arbeits- und Dienstverträge einen solchen Rückgriff nicht vorsehen, muss das Institut auf eine Anpassung hinwirken, soweit dies rechtlich zulässig ist.
Gruppenweite Anwendung
Die Regelungen der InstitutsVergV ebenso wie der Bonus-Cap müssen auch in Zukunft nicht nur auf Einzelinstitutsebene beachtet werden, sondern gelten auch auf Gruppenebene für alle Institutsgruppen, Finanzholding-Gruppen und gemischten Finanzholding-Gruppen und deren nachgeordnete Unternehmen. Allerdings führt der überarbeitete Entwurf der neuen InstitutsVergV insoweit auch Erleichterungen ein: Geschäftsleiter und Mitarbeiter gruppenangehöriger Kapitalverwaltungsgesellschaften fallen zukünftig nicht mehr unter die InstitutsVergV oder die Regelungen über den Bonus-Cap; sie unterliegen allein den Anforderungen des Kapitalanlagegesetzbuchs (KAGB). Andere gruppenangehörige Unternehmen sind von der gruppenweiten Anwendung der InstitutsVergV und des Bonus-Cap nur dann betroffen, wenn sie entweder selbst als Institut beaufsichtigt werden oder bei ihnen Gruppen-Risikoträger identifiziert wurden.
Inkrafttreten der neuen Regelungen im März 2017
Die Regelungen der neuen InstitutsVergV werden voraussichtlich am 1. März 2017 in Kraft treten. Eine Übergangsregelung sieht die BaFin nicht vor. Die Institute müssen sich somit darauf einstellen, die neuen Regelungen auf sämtliche ab dem 1. März 2017 gewährten Vergütungen anzuwenden. Für Vergütungsbestandteile, die für die Jahre bis einschließlich 2016 gewährt wurden, finden weiterhin die Regelungen der bisherigen InstitutsVergV Anwendung.
» Download Newsletter (PDF)